DAS UHU-HALBJAHR IM MÄRZ

AKTUELLES

Uhu bei der Brut

DIE BRUTPHASE

Die Paarung muss erfolgt sein. Das Weibchen liegt auf dem Felsband, fast auf der identischen Stelle des Vorjahres. Vermutlich wurde bereits ein Ei gelegt. Vermutlich, da weibliche Uhus auch schon Tage vor der Eiablage angeblich brütend in der Nistmulde liegen. Ein Uhu-Ei ist weiß und hat etwa die Maße 6 x 5 cm. Man kann es sich als großes Hühnerei vorstellen. Ein typisches Uhu-Ei wirkt jedoch mehr kreisrund und weniger oval. Das Weibchen macht sich lang, ähnelt unbeweglich einem Stück Rinde und wird während der Brutphase, die ca. 33 Tage dauert, durch das Männchen mit Nahrung versorgt. Der größere weibliche Vogel verlässt das Gelege nur kurz zur Darmentleerung oder zur Übernahme von Nahrung und kehrt dann sofort zur nicht einsehbaren, tiefen Brutmulde zurück. In der Fränkischen Schweiz besteht ein Gelege durchschnittlich aus 2-3 Eiern, die jedoch nicht alle befruchtet sein müssen. Die riskante, sehr störungsempfindliche Phase am Horst hat begonnen. Jede Annäherung menschlicher Störer an den Brutplatz muss unterbleiben. Jetzt besteht auch die Gefahr der Erbeutung des Geleges durch andere nahrungssuchende Wildtiere.

DER UHU ALS BEUTE

DER KOLKRABE

Nicht nur Rabenvögel erkennen Zusammenhänge und nutzen ihre Chance, ein wenn auch nur kurzfristig unbewachtes Gelege oder Jungtier zu erbeuten. Expeditionsbergsteigern ist der Rabe als neugieriger Prüfer von zurückgelassenen Lebensmitteldepots bekannt. Der massige Kolkrabe mit kräftigem Schnabel ist im Flug von der wesentlich schlankeren Rabenkrähe (Ruf: „Krah-krah-krah“) auch durch den V-förmig endenden Schwanz und natürlich durch seinen charakteristischen rauen Ruf „Gorak-gorak“ zu unterscheiden. In den Wintermonaten sind kleinere Gruppen des Kolkraben häufig in der Fränkischen unterwegs. Es scheint, als möchte der Rabe hier alte Brutgebiete wieder besiedeln. Die Namen vieler Felsen und Burgen weisen auf alte Verbreitungsgebiete des Raben hin.

DER ROTFUCHS

Der Fuchs, der im dichten Winterfell besonders prächtig erscheint, ist nicht nur gewieft, sondern auch körperlich erstaunlich wendig. Ein bis zu 8 kg schwerer Fuchs klettert bei geeigneter Struktur und Neigung der Felswand nach der Schwierigkeitsskala des Frankenjura beurteilt, durchaus bis 5+ und erreicht nicht nur am Boden angelegte Nester. Vermutlich durch den mit seinen scharfen Sinnen deutlich wahrnehmbaren Aasgeruch eines Beutetierdepots im Uhuhorst aufmerksam geworden, sucht der Fuchs nach einem Zugang und erbeutet falls möglich auch Gelege oder Jungvögel.
Ob Wolf, Marderhund, Waschbär, Luchs und Wildkatze großen Einfluss auf den Uhubestand in Oberfranken haben, ist mir derzeit nicht bekannt. Der Waschbär ist hier seit 1985 als Uhubeute bekannt. (Dr. W. Völkl, Bayreuth – veröffentlicht 1995 von Alfons Förstel).

NAHRUNG IM MÄRZ

Der brütende weibliche Uhu wird auf seinem vor anderen Wildtieren sicheren Felsband sehr gut versorgt. Beutetiere wie Singdrossel, Eichelhäher und Rabenkrähe sind schon teilweise gerupft. Wanderratten sind hier stets geköpft. Das Männchen fliegt auch tagsüber das Ende des Felsbandes an, welches der Brutmulde gegenüberliegt. Der weibliche Uhu erhebt sich dann gemächlich, geht dem Männchen langsam einige Schritte entgegen und übernimmt die Mitbringsel vorsichtig mit dem Schnabel. Gerupft wird derzeit hauptsächlich am gegenüberliegenden Felsturm. Der männliche Vogel hält sich nicht lange am Horst auf, kippt über die Felskante des Brutsimses während er die langen, breiten Schwingen ausbreitet und ist verschwunden. Es scheint als würde sich der männliche Vogel nicht die Mühe machen, Mäuse an den Horst zu bringen. Er hat am Stamm einer Rotbuche etwas Kleines erbeutet, das zwischen seinen Zehen nicht zu erkennen war, kurz mit dem Schnabel bearbeitet und verschluckt. Die aus mehreren hundert Meter Entfernung mit einem Spektiv gut erkennbaren Beutetiere am Horst sind deutlich größer als Mäuse.
Das Osternachtsingen in einer nahen Ortschaft lockt mich an den Waldrand, wo bereits ein Sprung grauer Rehe andächtig lauscht. Eine Szene die sich hier vielleicht seit 1100 Jahren, seit Besiedlungsbeginn, wiederholt.

MENSCHLICHER EINFLUSS AUF DEN BRUTERFOLG

In der Fränkischen Schweiz liegen viele Uhubrutplätze an Felsen mit guter Sicht auf sich nähernde Beutegreifer oder für deren Zugriff unerreichbar. Wird der brütende oder wärmende weibliche Vogel innerhalb der nächsten Monate durch einen rücksichtslosen Fotografen oder durch einen Kletterer von Gelege oder Küken (Uhu: Nestling) vertrieben, besteht zusätzlich zur Gefahr der Erbeutung durch andere Wildtiere die sehr große Gefahr, dass die Eier auskühlen oder die Jungvögel erfrieren. Kommt es zu Störung und Brutverlust, muss dies auch für die Sperrzeit am Kletterfelsen zurück auf Start bedeuten, um einen etwaigen 2. Brutversuch zu ermöglichen. Die Missachtung befristet gesperrter Felsen nimmt seit Jahren zu. Seit 2004 wurde beispielsweise bisher jedes Jahr mehrmals an einer besonders beachteten Wand innerhalb der Sperrzeit an Routen mit verschiedenen Felsbrütern geklettert. Anfang der 1990-er Jahre bin ich im Dezember gerne an der sonnigen Südseite des Rabenfels geklettert. Mir ist bewusst, dass klettern draußen ein fantastisches Naturerlebnis auch für die ganze Familie ist und bedingt durch die nötige Konzentration auf den Augenblick den Kopf frei von Alltagssorgen macht.

URSACHE UND WIRKUNG

Weist man den Sichernden eines Kletterers in gesperrter Route höflich auf zeitlich befristete Sperrung hin, zählt der Ausdruck „Felsblockwart“ zu den einfallsreicheren. Gesellschaftliche Veränderungen zu Lasten eines großen Teils der Bevölkerung sind längst auch indirekt im Artenschutz angekommen. Einem zunehmenden Teil von Erholungssuchenden wird die Realisierung von Lebensentwürfen und die Sicherung des Lebensstandards erschwert. Durch ein Verbotsschildchen ist es nicht vermittelbar, dass jemand mit belastendem (Berufs-)Leben in seiner kostbaren, frei zu verplanenden Zeit die Bevorzugung einer Tier- oder Pflanzenart akzeptiert und auf diese Rücksicht nimmt.
Die Bundesrepublik Deutschland ist Gründungsmitglied der Europäischen Union. Seit 1998 sind die sogenannten Fauna-Flora-Habitat-Richtlinien des Europäischen Naturschutzrechts im Deutschen Recht integriert. Damit hat sich die Bundesrepublik Deutschland auch auf dem Gebiet des Artennachweises und des Nachweises der Bestandsentwicklung vieler Arten verpflichtet. Deutschland ist im Mai 2008 Gastgeber der Internationalen Biodiversitätskonferenz (= Konferenz über Artenvielfalt, Unterschiede sowie Abhängigkeiten der Arten voneinander). Für 2009 ist die Große Novelle des Naturschutzrechts in Deutschland geplant, die verschiedenste Interessengruppen berücksichtigen muss. Im Vergleich dazu ist der Artenerhalt und Artennachweis in Nordbayern einfach zu realisieren: An Zustiegen vielbesuchter Kletterfelsen mit Sperrzonen muss im Frühjahr, besonders zwischen den Oster- und Pfingstfeiertagen noch mehr persönliche und professionelle Informationsarbeit geleistet werden. Die Bestandserfassung von Arten, die dauerhaft oder saisonal in der artenreichen, kostbaren Fränkischen Schweiz leben, ist eine ganzjährige Aufgabe für Jahrzehnte, bietet wenigen neueingestellten Ökologen sinnvolle berufliche Perspektiven, sichert vielen Erlebnissuchenden aller Gesellschaftsschichten draußen auch zukünftig Lebensqualität, stärkt die besuchte Region und erfüllt staatliche Verpflichtungen. Voraussetzung hierzu ist die Beantragung und Bewilligung von Finanzmitteln aus dem Budget des Landes für die Neueinstellung begabter, junger, kommunikationsstarker, größtmöglich unabhängiger Biologen/innen.
Für den Erhalt des kostenlosen Kletterns draußen, für das Kletterkonzept Frankenjura wurde bisher viel Zeit investiert und gute Arbeit geleistet. Es fehlt jedoch schon jetzt die konsequente Anpassung an den gesellschaftlichen Wandel, der in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich noch deutlicher wird.
Während einer vergangenen Brutsaison, an einer befristet gesperrten Wand mit drei kletternden Seilschaften innerhalb der Sperrzeit, wies uns eine ca. 5-Jährige streng daraufhin, dass wir leise sein müssen, da oben die kleinen Falken schlafen. Es besteht Hoffnung.
Ergänzung Brutsaison 2013: ein Beispiel für die Akzeptanz des Kletterkonzepts sowie der Felsbrüter an neuem Brutplatz: "Felssperrung" mittels Fingertape und witziger Zeichnung.
Foto: Alex Brehm.